von Alexander Brill
Regie: Alexander Brill
"Du bist nichts, dein Volk ist alles!"
"Du bist nichts, deine Religion ist alles!"
Deutschland erlebt seit der Jahrtausendwende eine neue Dimension der Gewalt. Die Bedrohung kommt aus zwei gegensätzlichen Richtungen. Auf den ersten Blick scheint es keine Verbindung zwischen diesen Gruppierungen zu geben. Wie auch? Politische Salafisten/Islamisten und Rechtsradikale/Rechtsextremisten begreifen sich als (Tod) Feinde. Sie marschieren am jedoch „Al Quod-Tag“ gemeinsam auf, um für „die Befreiung Jerusalems“ zu demonstrieren. Zwar gibt es zwischen beiden Gruppen in Deutschland Unterschiede. Die Rechten vertreten alle Formen „Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ einer Mehrheitsgesellschaft, die politischen Salafisten die radikale Artikulationsform einer religiösen Minderheit. Dennoch überwiegen strukturelle und politische Gemeinsamkeiten.
Die künstlerische Auseinandersetzung mit politischem Extremismus birgt Gefahren. Man ist schnell versucht, pädagogisch zu arbeiten, Aussteigergeschichten oder vermeintliche Werdegänge dokumentarisch aufzuarbeiten, Erklärungen und Begründungen zu finden, Beweise anzutreten. Das vermittelt stets den Anschein, die Macher seien im Besitz der Wahrheit. Das Thema in Figuren und Geschichten auf die Bühne zu stellen bedeutet, es zu psychologisieren und es aus dem gesellschaftlichen Kontext zu lösen. Ein weiteres Dilemma: es reicht nicht, die Propaganda der Extremisten nur zu zitieren und zu reproduzieren, man muss eine Spielhaltung dafür finden. Gleichzeitig besteht die Gefahr, in politischer Korrektheit zu versacken.
radikalextrem² entscheidet sich für einen gewagten Ansatz: 5 SchauspielerInnen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund stehen als Spieler auf der Bühne. Spielerischer Ausgangspunkt ist die Theatersituation selbst: Womit kann Theater heute noch provozieren? Was heißt Radikalität auf der Bühne. Die Spieler begeben sich in einen gruppendynamischen Prozess, einen Trip in die Gewalt: ohne eine Rolle, ohne eine Geschichte. Alles was geschieht, vollzieht sich im hier und jetzt. Sie durchlaufen die Stadien der Isolation, der Erregung von Aufmerksamkeit, der Provokation, dem wachsenden Gruppengefühl, der Radikalisierung, der unbewussten Gewaltspirale in der Gruppe bis hin zum Bekenntnis und zur Durchführung politisch motivierter Gewalt.
mit: Dafne Altun, Tanja Ronaghi, Hadi Khanjanpour, Miro Kania, Florian Stamm
Regie/Bühne: Alexander Brill
Kostüm: Katja Quinkler
Dramaturgie: Jan Deck
Videos: Claire Dorweiler
Regieassistenz: Hannah Schassner
musikalische Beratung: Uli Mangel
Fotos: Seweryn Zelazny
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